Vorschlag 1 (~2300 Zeichen):

Ziel des Projektes ist es, neue Narrative für die Zukunft der gesellschaftlichen (Energie-)Produktion zu entwickeln und erlebbar zu machen. Durch den künstlerischen Zugriff auf diesen Problemkomplex werden keine naturwissenschaftlichen Antworten geliefert. Vielmehr geht es darum, diskutierbar zu machen, welches Verhältnis von Mensch, Natur und Technik zukünftigen Narrativen zugrunde liegen kann und sollte. Welche Modi des Zugriffs auf Natur können wir uns vorstellen, die einen Position zwischen Naturbeherrschung und Eigentlichkeitsretorik darstellen? Vor dem Hintergrund welcher Narrative und Zugriffsmodi geschieht die aktuelle (Energie-)Produktion? Inwiefern sind diese problematisch und wie kann ihre Modifikation hin zu einer nachhaltigen Zukunftsentwicklung aussehen und gelingen?

Antworten auf diese Fragen zu finden, bedeutet Erfahrungen in direktem Kontakt mit den Techniken, Landschaften und Akteur*innen dieser Zukunftsentwicklungen zu machen. Durch eine temporäre Residency in Sachsen-Anhalt eröffnet das Projekt in einem ersten Schritt unserem Kollektiv die Möglichkeit diese Erfahrungen zu machen. Auf dem Boden der ehemaligen DDR, der gleichzeitig Boden für große Projekte der nachhaltigen Energieplanung liefert, eröffnen sich Möglichkeiten, planwirtschaftliche Zugänge auf Produktion aufzuarbeiten, einen commons-basierten Begriff von Energie zu imaginieren, und die lokale Gleichzeitigkeit von nachhaltigem Fortschritt und dem Festhalten an und Ausbau von Verkehrswegen wie Autobahnen zu erforschen. In einem zweiten Schritt sollen diese Erfahrungen durch eine künstlerische Aufarbeitung für andere sichtbar gemacht werden. Durch Happenings, Installationen und xy im öffentlichen Raum urbaner, ruraler wie digitaler Umgebungen soll der Dialog über die erarbeiteten Perspektiven eröffnet werden, der sich anschließend wiederum in einer Erweiterung oder Modifikation der Werke niederschlägt. Endprodukt des Projektes soll eine Publikation sein, die den Erfahrungs- und Schaffensprozess dokumentiert. Die entstandenen Werke werden in ihrer Prozesshaftigkeit parallel zur Prozesshaftigkeit der sie begleitenden und sie modifizierenden Debatte dargestellt, um so einen bereicherten aber keineswegs abgeschlossenen Blick auf die gesellschaftliche Zukunft und ihre Narrative zu ermöglichen.

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Vorschlag 2: Radikalerer Planwirtschaftsbezug/ Kritik liberaler narrative (~2200 Zeichen):
Das Projekt begibt sich auf die Suche nach neuen Narrativen, die als Fundament einer grundlegenden Reorganisation der aktuellen Organisation von Energie- und Warenproduktion fungieren kann. Ein Prozent der reichsten Menschen der Welt ist für mehr als die Hälfte der weltweiten CO2 Emissionen verantwortlich. Es werden weiter Autobahnen und Atomkraftwerke gebaut. Die Möglichkeiten einer Krisenpolitik in Zeiten einer globalen Pandemie sind durch die Notwendigkeit steter Mehrwertproduktion in den Fabriken stark beschränkt. Angesichts dieser Probleme und der immer sichtbarer werdenden Klimakrise wird die Dysfunktionalität der aktuellen Organisationsform offenbar. Als Grundlage dieser Phänomene verstehen wir gesellschaftliche Narrative über den Wert ewigen Wachstums und die marktförmige Organisation der Produktion. Ziel unseres Projekts ist es, solchen Narrativen neue Zukunftserzählungen entgegenzustellen und diese erfahrbar und somit zum Gegenstand öffentlichen Austauschs zu machen.
Um dieses Ziel zu erreichen würde das Projekt eine Residency in Sachsen-Anhalt ermöglichen. Sachsen-Anhalt bietet den Boden für die meisten Windräder innerhalb Deutschlands und scheint somit idealer Ort für eine direkte Auseinandersetzung mit den Formen neuer Energieproduktion. Gleichzeitig bietet es die Möglichkeit, auf dem Boden der ehemaligen DDR zu überprüfen, was das Nachdenken über zukünftige Narrative von (gescheiterten) planwirtschaftlichen Versuchen der Vergangenheit lernen kann. Aus diesem fruchtbaren Zusammenspiel der örtlichen Faktoren soll ergänzend zu Zukunftserzählungen, die auf technischem Fortschritt aufbauen, die Frage gestellt werden, wie zwischenmenschliche Verhältnisse und das Verhältnis von Mensch, Natur und Technik in diesen Erzählungen implizit wie explizit gedacht werden. Das abschließende Produkt des Projektes stellt eine Publikation dar, die die Arbeiten, die innerhalb des Projekts entstanden sind, samt deren Produktionsgeschichte dokumentiert. Anhand pointierter Provokationen und der Möglichkeit neue Narrative nicht nur zu denken, sondern erfahrbar zu machen, sollen neue Erfahrungsräume eröffnet und entsprechende Diskussionen ermöglicht werden.